Im Stadtrat von Halle wird voraussichtlich im September über eine Richtlinie entschieden, die die Vergabe von Straßennamen und Namen von öffentlichen Einrichtungen oder Bauwerken nach Personen regeln soll. Das klingt zunächst einmal harmlos.
Doch im Entwurf §3 heißt es u.a., dass die Umbenennung eines Weges oder Platzes, einer bereits vorhandenen Einrichtung oder eines Bauwerkes auch dann erfolgen soll, wenn ein „politisch nicht tragbarer Name“ vorläge. Hier stellt sich natürlich die Frage, was ein politisch nicht tragbarer Name sein soll und wer darüber entscheidet, ob eine Persönlichkeit noch tragbar ist oder nicht?
Sehen wir nach Amerika und betrachten wir auch, was momentan in Deutschland von statten geht, so zeigt sich, dass ein radikaler Perspektivenwechsel stattgefunden hat.
Während in den USA zahlreiche Statuen fallen, in Berlin und Hamburg Bismarckdenkmäler geschändet werden, in Leipzig Straßen umbenannt oder in Kopenhagen selbst die Plastik der kleinen Meerjungfrau mit „Racist Fish“ beschmiert wurde, kommen in Halle Diskussionen über Namen wie Kant, Trotha, Francke oder Luther auf. Ja, selbst unser berühmtester Sohn der Stadt, Georg Friedrich Händel, wird vom politisch-korrekten Tugendfuror nicht verschont.
So tauchten schon vor einigen Monaten im Stadtgebiet Plakate auf, die Luther als einen Antisemiten, Francke als einen Kinderschläger und Händel als einen Sklavenprofiteur diffamierten.
Doch den Vogel schoss eine Forderung ab, die erst vor ein paar Tagen in den sozialen Netzwerken lancierte: Der Stadtteil Trotha sollte doch bitte umbenannt werden, weil er namensidentisch mit einem kolonialistischen Adelsgeschlecht sei.
Es muss freilich nicht erwähnt werden, dass sich die Kulturmarxisten nicht an Straßennamen sozialistischer Persönlichkeiten stören, die noch aus DDR-Zeiten zahlreich in Halle anzutreffen sind. Und das obwohl der Sozialismus weltweit rund 100 Millionen Todesopfer forderte. Ein trauriger Rekord in der Menschheitsgeschichte. Den Löwenanteil davon trug im Übrigen der Vordenker der Kulturrevolution – Mao Tse Tung.
Seine jungen Rotgardisten zerstörten Kulturdenkmäler, Bauwerke, löschten Geschichte aus und erschlugen ihre Eltern und Lehrer. Schon damals verbreitete sich eine erschreckende Welle der Sympathie für Maos Ideen unter den 68er-Studenten der westlichen Welt.
Die Parallelen zu den heutigen radikalen Auswüchsen der von der „Black Lives Matter“-Bewegung ausgelösten Verteufelung und Umdeutung der Vergangenheit, sind frappierend. Aus dem „Klassenfeind“ wurde der „Rassist“, aus dem „Kapitalist“ der „weiße Mann“.
So sehen wir einer Entwicklung entgegen, die langfristig auch vor Halle nicht haltmachen wird. Doch Halle hat eine Geschichte von 1200 Jahren. Wie soll eine historische Persönlichkeit aus einer ganz anderen Epoche als der unseren, den modernen Anforderungen des links-grünen Zeitgeistes gerecht werden können, um zweifelsfrei „politisch tragbar“ bleiben zu dürfen? Die in unserer Stadt und in unserem Land geehrten historischen Persönlichkeiten wirkten im sozialen und gesellschaftlichen Kontext ihrer Zeit.
Besser wir belassen es dabei und würdigen diese Persönlichkeiten und ihre historischen Leistungen und nicht die derzeit grassierende Hypermoral unserer Zeit.
Der schwammige Passus des neuen Richtlinien-Entwurfs folgt allerdings unserem Anliegen explizit nicht, er lädt geradezu zu Willkür und politischer Umerziehung ein.